In Heiko Maas Brevier „Aufstehen statt wegducken“ gibt der Minister einen bemerkenswerten Rat an alle Aufstehenden. Sie sollten die Wutbürger doch einfach fragen: „Wer hindert Sie daran, Ihre Meinung zu sagen?“ Dann nämlich würden die Falschmeiner argumentativ überrumpelt aus der Wäsche gucken.
Nun beginnt das Hindern nicht erst damit, dass jemand wirklich nicht mehr sprechen kann. Sondern schon dann, wenn der Preis für die eigene Meinungsäußerung durch ein breites Bündnis der Rechtschaffenen hochgesetzt wird. Wenn Argument und Gegenargument nicht mehr zu den gleichen Bedingungen ausgetauscht werden können. Eine mittlerweile sehr effiziente Methode auf der Maas’schen Seite des Spektrums besteht darin, eine öffentliche Person der Gegenseite gegen einen Avatar auszutauschen, einen Popanz, und ihm Worte in den Mund zu legen, die sie nie gesagt hat, bisweilen auch das Gegenteil dessen, was sie denkt und äußert. Wer das Recht darauf verliert, dass seine Meinung authentisch wiedergegeben wird, den hindert die Gemeinschaft der Hellen und Guten sogar wirksamer am Reden, als wenn sie ihn gar nicht zu Wort kommen lassen würde. Den inzwischen prominentesten Fall stellt der Austausch des Berliner Historikers Jörg Baberowski gegen den Avatar des „rechten Professors“ und „Wutbürgers“ (Tagesspiegel) Baberowski dar.
Seine Austauschfigur, wie sie von intellektuellen Größen wie Ruprecht Polenz, Andreas Fischer-Lescano, diversen Allgemeinen Studentenausschüssen, Trotzkisten und der Antifa vorgeführt wird, spricht ausschließlich sorgfältig aus dem Kontext gelösten und verdrehten Sätzen, die den Vorwurf des rechten, ja rechtsextremen Wissenschaftlers belegen sollen. Es gilt also die Regel: Sie können Ihre Meinung sagen. Aber wir schneiden sie für das Publikum so zurecht, dass sie mit den Ursprungssätzen nichts mehr zu tun hat.
Er hat es nicht leicht, der Zensur-, ich meine, Justizminister:
Verfassungsrechtler zerpflücken seinen Entwurf zum Meinungsfreiheitsbekämpfungsgesetz, Diktaturen wie Weißrussland hingegen interessieren sich für seine Expertise, namhafte Experten kritisieren die zunehmende Privatisierung der Rechtspflege und deren Outsourcing an Unternehmen, NGOs und Stiftungen, zudem floppte in den Medien die Westwing-Möbel-Homestory – und nun das Dilemma mit seinem Strategieratgeber, den nach kurzem Hineinblättern kaum einer lesen, geschweige kaufen mag! Da ist es an der Zeit, sich ehrlich einzugestehen: Nicht nur das politische Koordinatensystem dieses Volkserziehungsratgebers ist falsch geeicht, sondern auch das Umfeld und die Weltsicht, die er vertritt. Dieser Ladenhüter ist nur eines von vielen Symptomen einer realitätsabgelösten kulturmarxistischen Weltsicht; einer hasserfüllten Negation und Umwertung aller Werte, die im Gefolge der Frankfurter Schule ständig die Realität abschaffen will, wenn die Realität sich trotzig der Ideologie von Berufsrevolutionären widersetzt.
Das Standardwerk zur Political Correctness bzw. Frankfurter Schule, verfasst vom Adorno-Schüler Rolf Wiggershaus, verweist darauf, dass einer der maßgeblichen Köpfe der (neomarxistischen) Kritischen Theorie, Theodor Adorno, mit „haßerfülltem Herzen“ bei der gemeinsamen Sache war: „Wichtig waren für Horkheimer schließlich Adornos von Haß geschärfter Blick auf das Bestehende und seine Aggressivität“ (Seite 185). Sieh an, sieh an: Hass und Aggressivität als Arbeitsgrundlage der Political-Correctness-Verkünder.
Die Frankfurter Schule: Geschichte. Theoretische Entwicklung. Politische Bedeutung
Ab 1980 feierte Jürgen Habermas in verschiedenen Beiträgen sechs gesellschaftliche Veränderungen als Siege über die bürgerliche Gesellschaft, die von der Kritischen Theorie ausgegangen seien und das geistige Klima in Deutschland nach 1960 revolutionär verändert hätten: 1. Ent-Christlichung der Öffentlichkeit, 2. Ent-Institutionalisierung der Gesellschaft, 3. Ent-Ethisierung des Rechts, 4. Ent-Kriminalisierung des Verbrechens, 5. Ent-Pathologisierung der Krankheit und 6. Ent-Ästhetisierung der Kunst. Wundert es angesichts dieser Entwicklung jemanden, wenn heutige linke Berufsrevolutionäre diese „Aggressivität“ und diesen „von Hass geschärften Blick auf das Bestehende“ übernommen haben? Wundert es jemanden, wenn die geistigen Nachfahren der Frankfurter Schule dieses „hasserfüllte Herz“ in völliger Realitätsverkennung (vermutlich als Akt der psychologischen Projektion) all jenen Konservativen vorwerfen, die nicht wie sie ständig auf der linken Überholspur unterwegs sind?
Mit “Hass” und “Strategien gegen Rechts” kennen sich auch ehemalige Stasi-Mitarbeiter gut aus, denn im “Wörterbuch der politisch-operativen Arbeit” des ehemaligen MfS der DDR hieß es unter dem Stichwort “Hass”: “Intensives und tiefes Gefühl, das wesentlich das Handeln von Menschen mitbestimmen kann. Der Hass widerspiegelt immer gegensätzliche zwischenmenschliche Beziehungen und ist im gesellschaftlichen Leben der emotionale Ausdruck der unversöhnlichen Klassen- und Interessengegensätze zwischen der Arbeiterklasse und der Bourgeoisie (Klassenhass). Der moralische Inhalt des Hasses ist abhängig vom Gegenstand, auf den er gerichtet ist, und kann von daher wertvoll und erhaben oder kleinlich und niedrig sein. Hass zielt immer auf die aktive Auseinandersetzung mit dem gehassten Gegner, begnügt sich nicht mit Abscheu und Meidung, sondern ist oft mit dem Bedürfnis verbunden, ihn zu vernichten oder zu schädigen. Hass ist ein wesentlicher bestimmender Bestandteil der tschekistischen Gefühle, eine der entscheidenden Grundlagen für den leidenschaftlichen und unversöhnlichen Kampf gegen den Feind. Seine Stärkung und Vertiefung in der Praxis des Klassenkampfes und an einem konkreten und realen Feindbild ist Aufgabe und Ziel der klassenmäßigen Erziehung. Hass ist zugleich ein dauerhaftes und stark wirkendes Motiv für das Handeln. Er muß daher auch in der konspirativen Arbeit als Antrieb für schwierige operative Aufgaben bewußt eingesetzt und gestärkt werden.”
Ältere Menschen erinnern sich, dass Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) am 11.06.2005 lt. Focus online noch die Position vertrat: “Wir müssen eine weitere Zuwanderung aus fremden Kulturen unterbinden”, “Die Zuwanderung von Menschen aus dem Osten Anatoliens oder aus Schwarzafrika löst das Problem nicht, sondern schafft nur ein zusätzliches dickes Problem”, “Sieben Millionen Ausländer in Deutschland sind eine fehlerhafte Entwicklung, für die die Politik verantwortlich ist”, “Wir sind nicht in der Lage gewesen, alle diese Menschen wirklich zu integrieren.” Ähnlich tönte damals die CDU, dies war Konsens. Nun, wo war damals der Jungsozialist Heiko Maas, um lautstark gegen (vermeintliche) Fremdenfeindlichkeit, „Hate Speech“, „Fake News“ etc. in der SPD zu protestieren? Erinnert sich jemand daran, wie er furchtlos und mutig aufstand, anstatt sich wegzuducken, wie er jeden Monat einen neuen Strategieratgeber „gegen Rechts“ verfasste? Natürlich nicht – denn damals gab es noch ein zulässiges Meinungsspektrum, das von demokratisch links über demokratisch Mitte bis demokratisch rechts reichte. Inzwischen arbeiten zahlreiche steuer- und großkapitalfinanzierte linke Berufsputschisten und hauptberufliche Revoluzzer stärker denn je daran, jede Art von Grenzen und Grundwerten zu zerschießen und im Namen des „Toleranzgebots“ intolerant und hasserfüllt aus tausend Rohren gegen alle zu feuern, die nicht wie sie auf der linken Überholspur zur utopischen neomarxistischen Weltrevolution unterwegs sind. Warum wandern all jene, deren „Rechts“-Verständnis eher einer sozialistischen Diktatur als unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung nahesteht, eigentlich nicht dorthin aus, wo all die verehrten Helden ihrer Jugend (lies: Massenmörder) einen linken Unrechtsstaat errichtet haben? Dort wäre ein Strategieratgeber „gegen Rechts“ vermutlich ein Kassenschlager.
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